Diese Seite drucken

Griechenland 1929: „Kein Quatsch aus Dedeagatsch!?“

Dass die Stadt Dedeagatsch heute zu Griechenland gehört, freilich unter dem Namen Alexandroupoli, also „Alexanderstadt“ (Αλεξανδρούπολiς), ist dem Wortstamm des alten Namens nicht zu entnehmen. Der türkische Name von Alexandroupoli lautet aber „Dedeagač“, der bulgarische mit „Дедеагач“ ebenfalls, und selbst die Griechen sprachen bis 1920 von „Δεδέαγατης“ (Dedeagates). Der ursprüngliche Name leitet sich von den türkischen Wörtern „Dede“ (Urahn) und „ağaç” (Baum) ab. In den beiden Balkankriegen 1912/13 stritten Bulgarien und Griechenland um die Stadt, die bis dahin zum Osmanischen Reich gehört hatte, wobei sie zunächst Bulgarien zufiel. Doch nach dem 1. Weltkrieg unterstand Dedeagatsch erst den Alliierten und wurde schließlich im Vertrag von Sèvres am 10.8.1920 Griechenland zugesprochen, das die Stadt sogleich in Alexandroupoli umbenannte, freilich nicht nach Alexander dem Großen, sondern nach dem damals -wenn auch nur kurz- regierenden König Alexander I. Alexandroupoli, das heute rund 73.000 Einwohner zählt und nur 40 km von der türkischen Grenze entfernt liegt, gehört als fast östlichster Punkt zu Westthrakien, während Ostthrakien den europäischen Teil der Türkei bildet.- Die wechselvolle Geschichte der Stadt, namentlich im Jahre 1920, spiegelt sich auch philatelistisch in den für diese Region verausgabten Briefmarken wider, wie der hier abgebildete Umschlag deutlich macht:
13 1929 Griechenland
Das tadellos erhaltene Einschreibe-Couvert ist auf der Vorderseite mit 11 Überdruckmarken Griechenlands und auf der hier nicht sichtbaren Rückseite mit 6 weiteren griechischen Briefmarken frankiert. Die Überdruckmarken sehen auf den ersten Blick ziemlich gleich aus bzw. gliedern sich in 2 Werte zu 1 Lepton grün, 3, Werte zu 2 Lepta rosa, 3 Werte zu 3 L rot, 1 Wert zu 5 L grün und 2 Werte zu 1 Drachmen blau. Aber jede Marke besitzt eine Besonderheit, weshalb sie der Absender bewusst zur Frankatur wählte: Die beiden Drachmenmarken sind jeweils stark, aber unterschiedlich verzähnt, da der Bogen zur Perforierung falsch eingelegt war. Bei einem 2 L-Wert steht der Aufdruck auf dem Kopf, bei einer 3 L-Marke zu hoch gesetzt. Bei den anderen je scheinbar gleichen Werten ist der Aufdruck zweizeilig oder dreizeilig und lautet „Διοίκησις (Δυτικής) Θράκης“ („Verwaltung von [West-]Thrakien“). Alle Marken sind mit dem Ortsstempel „ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΥΠΟΛΙΣ“ vom 3.2.1929 entwertet, ebenso die Marken auf der Rückseite des an „Monsieur Alfred Weinstein, Hamburg 11, Gr(oße) Burstah 23, Allemagne“ gerichteten Couverts, das am 8.2.1929 in Hamburg ankam.- Die äußerst kuriose Frankatur aus dem früheren Dedeagatsch ist für den Philatelisten natürlich kein „Quatsch aus Dedeagatsch“, aber vielleicht für den Laien ohne das hier aufgezeigte Hintergrundwissen.