Mit dem Tod Franz Josephs I. am 21.11.1916 ging nach fast 68 Regentschaftsjahren mitten im 1. Weltkrieg eine Ära zu Ende. Sein Nachfolger und Großneffe Karl I. (17.8.1887-1.4.1922), der zugleich als Karl III. König von Böhmen und als Karl IV./ IV. Károly König von Ungarn wurde, hatte von Anfang an einen schweren Stand, da er erst 1914 Thronfolger geworden war und er somit kaum Regierungserfahrung besaß. Zudem stand es an den Fronten um die K.u.K.-Armee und deren Moral schlecht. Da die Stephanskrone Ungarns erst für deren Träger die Königsmacht bedeutet, ließ sich Karl bereits am 30.12.1916 in Budapest feierlich zum König krönen, wobei Pomp und Kosten dieses Spektakels besonders wegen der kriegsbedingten Versorgungsnot anachronistisch anmuteten, doch wollten sich die Magyaren durch diese (h)eilige Krönung ihren starken Einfluss auch unter dem neuen König sichern. Allerdings begann bereits im Oktober 1918 der rapide Verfall des Vielvölkerstaats. Ungarns Truppen meuterten an der italienischen Front. Am 31.10.1916 kam es in Budapest zur sog. „Asternrevolution“, die auch „Herbstrosenrevolution“ genannt wird, da die Soldaten -ähnlich wie bei der „Nelkenrevolution“ 1974 in Lissabon- Blumenblüten an ihre Mützen hefteten oder in ihre Gewehrläufe steckten. König Karl IV. mußte Mihály Károlyi zum neuen Ministerpräsidenten ernennen, der noch am gleichen Tag die Realunion mit Österreich beendete. Nachdem Karl am 11.11. für Österreich und am 13.11.1918 auch für Ungarn „auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ verzichtet hatte, rief Károlyi am 16.11.1918 die „Republik Ungarn“ aus, ein Ereignis, das sich auch philatelistisch auf dem hier abgebildeten Umschlag niederschlug:
Die königliche ungarische Post hatte nach den beiden Sondermarken anlässlich der Krönung Karls und seiner Gattin Zita erst am 30.8.1918 und damit kurz vor „Torschluss“ eine aus 6 Werten bestehende Freimarkenserie verausgabt, die komplett mit Ausnahme der 15 Fillér violett auf obigem Couvert verklebt wurde. Auf den Werten zu 10 f zinnober, 20 f dunkelbraun und 25 f hellblau sehen wir König Karl IV. im Krönungsmantel und mit der legendären Stephanskrone auf dem Haupt, auf den beiden Höchstwerten zu 40 f oliv und 50 f purpur hingegen Königin Zita (9.5.1892-14.3.1989) ebenfalls im Krönungsornat. Alle Marken sind einzeln und jeweils fast zentrisch mit dem Sonderstempel „MAGYAR KÖZTÁRSASÁG 1918 november 16 BUDAPEST“ (= „Ungarische Republik“ vom 16.11.1918) sauber entwertet. Noch 1918 wurden die Restauflagen dieser Marken mit dem schwarzen diagonalen Aufdruck „KÖZTÁRSASÁG“ (= „Republik“) überdruckt. Obwohl sich der Einschreibezettel „R Ajánlott [= „Einschreiben“] Budapest 72 Nr. 3362“ auf dem Couvert befindet, scheint es sich um einen reinen Gefälligkeitsbeleg zu philatelistischen Zwecken am Tag der Ausrufung der Republik zu handeln, denn es fehlen ein Adressat und jegliche Spur eines tatsächlichen Postlaufs.- König Karl IV. unternahm aus seinem Schweizer Exil 1921 zwei vergebliche Versuche, wieder auf den ungarischen Thron zu gelangen, und starb am 1.4.1922 im Exil auf Madeira.