1859, nach der Schlacht: Ein Eis bei 40 Grad Hitze!

Der französische Kaiser Napoleon III. (reg. 1852 – 1870) hatte schon als junger Prinz im Exil 1830/31 als Mitglied der Carbonari für ein freies Italien gefochten. Nachdem er Kaiser geworden war, unterstützte er als Anhänger des Nationalitätenprinzips und der Volkssouveränität erneut entsprechende Bestrebungen. Nach Geheimverhandlungen mit dem Königreich Sardinien-Piemont wurde ein Bündnis gegen Österreich geschlossen, unter dessen Herrschaft damals die Lombardei mit Mailand sowie Venetien standen. Im Mai 1859 kam es zum Krieg zwischen den verbündeten Mächten Frankreich und Sardinien-Piemont auf der einen sowie Österreich auf der anderen Seite. Österreich verlor am 04.06.1859 bei Mailand die Schlacht von Magenta und die äußerst blutige Schlacht am 24.06.1859 bei Solferino südlich des Gardasees. Die Schlacht hinterließ jedoch derart viele Tote und Verwundete, dass Napoleon III. und Kaiser Franz Joseph einen umgehenden Waffenstillstand vereinbarten. Henri Dunant, der das Elend der Verwundeten auf dem Schlachtfeld sah, sollte zum „Vater“ des Roten Kreuzes werden.

Ein französischer Offizier hinterließ seine postalischen Spuren mit nachstehendem Brief:

bild 35

 

Der Brief trägt eine französische Dauermarke mit dem Portrait Napoleons III., 20 Centimes blau, unten stark angeschnitten, entwertet mit einem Punktrhombenstempel „AAB“, was „Armée des Alpes, Bureau B (Bergamo) bedeutet. Daneben ist mit dem Datum 25.7.1859 ein Doppelkreisstempel der Italienarmee (Armée d‘ Italie) abgeschlagen. Der Brief ist in das nordfranzösische Cambrai gerichtet, ein Ort, der im 1. Weltkrieg traurige Berühmtheit durch die gleichnamige Schlacht erlangte. Der Offizier schreibt seiner Mutter (Ma chère Mère). Was hatte er ihr mitzuteilen? Er beschreibt zunächst seine Marschroute ``bei 40 Grad Hitze“, wohl von Solferino kommend, über Bréscia, einer „hübschen befestigten Anlage, am Fuß der Berge gelegen“. Dort habe er „im Hotel d`Angleterre teuer, aber reichlich mittelmäßig gegessen, aber es gab zum Glück Eis“. Am Abend war er ``im Café am Domplatz und sah ,verwundete Offiziere, auch einen totgeglaubten General beim Erzbischof“. Von Bréscia ging es dann über Ospitaletto und Palazzolo nach Bérgamo, einer „belle ville“, die er am 24.07. erreichte. Sodann würde es weiter nach Mailand gehen, wo man am 27. ankommen werde. Alle Orte kann man auf aktuellen Italienkarten finden, muss sich nur die heute schnell verbindende Autobahn wegdenken. Der Brief hat auch die Mutter unseres Offiziers – wohl mit der Eisenbahn - erreicht, wie der rückseitige Ankunftsstempel von Cambrai vom 31.7.1859 nur 6 Tage nach Briefaufgabe zeigt. Wann die Mutter ihren Sohn selbst hingegen wieder sah, werden wir leider nie erfahren.

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