Sonntag, 07 Juli 2024 18:32

SBZ 1949: „Goethe-Stadt Weimar“

Deutschland galt lange Zeit als „Land der Dichter und Denker“. Einen wesentlichen Anteil hieran hat Johann Wolfgang von Goethe (28.8.1749-22.3.1832), dessen Name weltweit bekannt ist, auch aufgrund der zahlreichen „Goethe-Institute“ in mittlerweile 98 Ländern. Der „Dichterfürst“, in Frankfurt am Main geboren, studierte Jura und begann nach seiner Promotion eine Anwaltstätigkeit. Sein Interesse an der „Juristerei“ ließ freilich schnell nach, doch wird sein Spruch „Beim Auslegen seid frisch und munter, legt Ihr nichts aus, so legt ’was unter“ noch heute gerne von Juristen zitiert. Neben Chemie, Botanik, Gesteinskunde, Farbenlehre, Malerei und dem Sammeln aller möglichen Objekte („Sammler sind glückliche Menschen“) war es das Schreiben von Gedichten und Dramen, was ihm zur Passion und letztlich zum Beruf wurde. Angefangen 1773 mit „Götz von Berlichingen“, der 1782 entstandenen Ballade „Erlkönig“ („Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“) oder der 1797 geschriebenen Ballade „Der Zauberlehrling“ („Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los“) sollte sich Goethe ab dem „Urfaust“ von 1772 rund 60 Jahre lang mit dem „Fauststoff“ befassen, dem Mann, der seine Seele an den Teufel verwettet („Faust I“ 1808, „Faust II“ 1832 veröffentlicht). Schon früh zog es Goethe 1775 nach Weimar, wo er als Verwaltungsjurist in die Dienste von Herzog Karl August eintrat, aber auch das Hoftheater leitete. 1782 adelte ihn der Herzog, der Goethe auch zum Freund wurde.- Da Goethe bis zu seinem Tod in Weimar lebte, verwundert es nicht, dass ihm 1949 zu seinem 200. Geburtstag in Weimar eine besondere philatelistische Ehrung in Form des hier abgebildeten Briefmarkenblocks zuteilwurde:
1949 Goethe                         
Anders als die „Bizone“, die Französische Zone und Westberlin, die aus diesem Anlass je einen Satz mit 3 Briefmarken verausgabten, gab sich die Sowjetische Besatzungszone, im Westen abfällig „SBZ“ oder „Ostzone“ genannt, als Vorläufer der DDR deutlich „spendabler“, denn neben einem Sondermarkensatz mit 5 Briefmarken erschien am 22.8.1949 der hier abgebildete Markenblock in einer Auflage von nur 150.000 Exemplaren. Die dunkelviolettblaue Blockmarke nach einem Kreideportrait des Dichterfürsten von Julius Sebbers aus dem Jahre 1826 zeigt den alten Goethe nach links im Profil zwischen den vertikalen Randinschriften „Deutsche Post“ sowie „Goethe 1749•1949“. Der Block kostete am Schalter 5 Mark, wobei die Marke nur einen Frankaturwert von 50 Pfennig besaß, aber einen Zuschlag von 4,50 Mark auswies, der laut Blockinschrift der Wiederherstellung der „Goethe-Stadt Weimar“ zufloss. Unter der Marke finden wir Goethes komplette Unterschrift als Reproduktion. Der Block ist mit dem Weimarer Geburtstagssonderstempel vom 28.8.1949 sehr sauber entwertet.- Goethe hatte übrigens in Weimar im Oktober 1808 zwei Unterredungen mit Napoleon, der sich als junger Leutnant für „Die Leiden des jungen Werther“ begeistert hatte und Goethe 1808 das Ritterkreuz der Ehrenlegion verlieh. Auf diese Ehrung durch „seinen“ Kaiser blieb Goethe zeitlebens stolz. Sein 275. Geburtstag ist am 28.8.2024.

Wer die Begriffskombination „Heinrich Heine, Karlsruhe“ googelt, stößt zunächst auf das Versandunternehmen „Heinrich Heine GmbH“, ebenso auf den „Heinrich-Heine-Ring“, benannt nach dem berühmten Dichter, Schriftsteller und Journalisten Heinrich Heine (13.12.1797-17.2.1856), der sich jedoch nie in Karlsruhe aufhielt. Als „Harry Heine“ in Düsseldorf als ältestes Kind von Samson und Betty Heine geboren war er zunächst, unterstützt von seinem Onkel Salomon Heine, für den Beruf eines Bankiers bestimmt, scheiterte damit aber, genauso mit seinem Versuch als Kaufmann. Schließlich studierte er Jura und bestand 1825 in Göttingen das Examen und die Promotion. Um seine beruflichen Chancen zu verbessern, konvertierte er vom Judentum zum evangelisch-lutherischen Christentum. Doch erkannte er schnell, dass die „Juristerei“ ihm auch nicht lag, und so intensivierte er seine bisherige Tätigkeit als Dichter und Schriftsteller, die er zum Beruf machte, was sein Onkel Salomon mit „Hätte er was Rechtes gelernt, müsste er nicht Bücher schreiben“ kommentierte. Doch reüssierte der Neffe ab den 1820er Jahren mit Gedichten und Reisebildern sowie als Zeitungsredakteur. Bereits 1820 hatte er die Ballade „Belsazar“ geschrieben („Die Mitternacht zog näher schon; in stummer Ruh‘ lag Babylon…“), in der König Belsazar nach seiner Gotteslästerung „Jehovah! Dir künd‘ ich auf ewig Hohn- Ich bin der König von Babylon“ und einer „Flammenschrift an der Wand“ getötet wird. 1824 entstand das „Lied von der Loreley“ („Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin…“). Doch keines dieser berühmten Gedichte Heines, der ab 1831 -überdrüssig geworden von der preußischen Zensur und Publikationsverboten- fast ausschließlich in Paris lebte, wurde von der Post der DDR 1972 anlässlich Heines 175. Geburtstags aufgegriffen, wie der hier abgebildete Eilbotenbrief dokumentiert:
1972 Heine Die DDR ehrte Heine 1972 nicht wie die Deutsche Bundespost mit einer -zudem optisch wenig ansprechenden- Einzelmarke, sondern mit einem schön gestalteten Markenblock. Die Blockmarke zu 1 Mark zeigt einen Ausschnitt des 1831 entstandenen Portraits Heines von Moritz David Oppenheim mit dem schlichten Randtext „Heinrich Heine, 175. Geburtstag, DDR, 1 M“. Umso aufwendiger ist der Blockrand gestaltet, der den Namen und die Lebensdaten in kunstvoller Schrift wiedergibt. Am unteren Rand befindet sich als Autograph, also in der Handschrift Heines der Anfang des Gedichts „Hymnus“, das wohl als Ausdruck seiner Begeisterung für die Pariser Revolution von 1830 entstand: „Ich bin das Schwert, ich bin die Flamme.“ Der komplette Block bildet die Frankatur eines seinerzeitigen Eilbotenbriefs („Eilsendung Exprès“), der in Leipzig am 16.12.1972 von der Post abgestempelt wurde und an eine Empfängerin in Karlsruhe gerichtet war, bei der er am 18.12.1972 ankam. - Heine, seit 1848 vermutlich an Multipler Sklerose leidend, war in seinen letzten Jahren weitgehend bettlägerig, weshalb er von seiner „Matratzengruft“ sprach. Er starb am 17.2.1856 und ruht auf dem Montmartre-Friedhof in Paris.

Friedrich Schiller (10.11.1759-9.5.1805) zählt zu Recht zu den großen deutschen „Klassikern“. Sein Name wird -stets jedoch an 2. Stelle- in der literarischen Paarung „Goethe und Schiller“ genannt, was zum einen an deren gleich großen Berühmtheit liegt, zum anderen daran, dass beide in Weimar lebten und starben und vor dem dortigen Deutschen Nationaltheater Hand in Hand im „Goethe-Schiller-Denkmal“ vereint stehen. Schiller, im schwäbischen Marbach geboren, wurde nach seiner Promotion auf dem Gebiet der Medizin zunächst Militärarzt („Regimentsmedicus“), schrieb aber bereits sein erstes Drama „Die Räuber“, ein Werk der Aufklärung, des „Sturm und Drang“ und der Auflehnung gegen Fürstenwillkür, was Schillers Landesherrn Herzog Karl Eugen von Württemberg mißfiel. Nach der Mannheimer Uraufführung 1782 floh Schiller zunächst nach Thüringen, um aber bereits 1783 als Theaterdichter nach Mannheim zurückzukehren. 1787 reiste er nach Weimar. Ab 1789 war er Professor in Jena und lehrte dort Geschichte. Ende 1799 zog er nach Weimar und wurde dort 1802 zu „Friedrich von Schiller“ geadelt. Seine Weimarer Jahre, auch geprägt von unzähligen Gesprächen mit seinem Freund Goethe, wurden zu Schillers fruchtbarsten Jahren, schrieb er doch dort die meisten seiner berühmten Gedichte und Dramen, die bis heute den Deutschunterricht mit prägen.- Da Schiller 1805 in Weimar starb und in der Fürstengruft bestattet wurde, fiel die philatelistische Ehrung 1955 zu seinem 150. Todestag in der DDR besonders „üppig“ aus, wie das hier abgebildete Einschreiben belegt:
1955 Schiller DDR              
Die DDR verausgabte 1955 für Schiller 3 Gedenkmarken mit unterschiedlichen Büsten dieses grandiosen Poeten, nämlich die 5 Pfennig schwärzlichgraugrün, die 10 Pf dunkelblau sowie die 20 Pf schwärzlichsiena, die als normale Schalterbogenmarken auf den Postämtern verkauft wurden. Zusätzlich ehrte die Post Schiller mit einem Gedenkblock, der die gleichen 3 Marken, jedoch unperforiert vereint, so dass sie mit der Schere aus dem Block hätten herausgetrennt werden müssen, was jedoch so gut wie nie vorkam, kostete der Block mit insgesamt 50 Pf doch 15 Pf mehr als die Summe der Frankaturwerte der Einzelmarken. Unter der Überschrift „SCHILLER-JAHR 1955“ am oberen Blockrand wird über der Angabe des Verkaufspreises -vielleicht auch vor dem Hintergrund der damaligen Teilung Deutschlands- der Anfang des berühmten „Rütlischwurs“ aus Schillers letztem vollendeten Schauspiel „Wilhelm Tell“ zitiert: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern“. Der Block war auf obigem Einschreibecouvert Bestandteil der Gesamtfrankatur und wurde um 2 Dauermarken zu 15 Pf sowie 20 auf 24 Pf ergänzt. Alle Marken sind mit dem wunderschönen Sonderstempel „WEIMAR DEUTSCHE SCHILLER-EHRUNG“ vom 23.5.1955 vorbildlich akkurat entwertet. Absender war Curt Cruse aus Leipzig, der den Umschlag ins bundesdeutsche Kempten im Allgäu richtete. So „machte“ unser „schillerndes Einschreiben“ aus der DDR zum „Klassenfeind“ im Westen „rüber“ und kam am 25.5.1955 in Kempten an.

Das Lebenswerk des österreichisch-tschechischen bzw. deutsch-böhmischen Schriftstellers jüdischer Abstammung Franz Kafka (3.7.1883-3.6.1924) und damit das Zusammenspiel seiner Hauptmotive „Macht, Angst, Einsamkeit, Ungerechtigkeit, Suchen und Nichtfinden“ sowie das persönliche Scheitern seiner jeweiligen Protagonisten zu verstehen, stellt eine große geistige Herausforderung dar. Sie dürfte wohl den meisten Lesern nur in Ansätzen gelingen, sieht man z.B. von Reiner Stach ab, der eine dreibändige Biographie Kafkas verfasste, nach der die im März 2024 von der ARD ausgestrahlte sechsteilige Serie „Kafka“ gedreht wurde. Zwar fällt Kafkas 100. Todestag erst auf den 3.6.2024, doch gedenkt man seiner schon im Vorfeld, weshalb „2024“ als „Kafka-Jahr“ gilt. Dabei waren Kafkas Werke zu seinen Lebzeiten fast nur einem kleinen Kreis befreundeter Literaten bekannt, denn nur etwa 350 Seiten mit Kurzgeschichten und Novellen waren von Kafka zum Druck freigegeben worden. Die rund 10fache Menge seiner hinterlassenen Manuskripte, darunter auch die Romanfragmente seiner beiden berühmtesten Werke „Der Prozess“ und „Das Schloss“, hielt er nicht für würdig, veröffentlicht zu werden, und noch auf dem Sterbebett bat er seinen Freund Max Brod, den er zum Verwalter seines Nachlasses ernannte, diese Manuskripte ungelesen zu vernichten, woran sich Brod Gott sei Dank nicht hielt.- Aber bereits 1983 gedachte die Deutsche Bundespost Kafkas anlässlich seines 100. Geburtstags, obwohl Kafka nie die deutsche, sondern nur die österreichische und ab 1918 die tschechische Staatsbürgerschaft besaß. Wir zeigen hier den seinerzeitigen Ersttagsbrief mit der damaligen Sondermarke:

1983 BR Kafka
Die Marke zum damals geltenden Brief- Standardporto von 80 Pfennig wurde bereits am 5.5.1983, also fast 2 Monate vor dem 100. Geburtstag verausgabt und zeigt außer Namen und Lebensdaten Kafkas markante Unterschrift auf tiefdunklem Grund vor einer geheimnisvollen Himmelsstimmung nebst der Silhouette der markanten Türme der Prager Teynkirche. Im direkten Umfeld der Teynkirche und des Altstädter Rings verbrachte Kafka nämlich den größten Teil seines Lebens. Als promovierter Versicherungsjurist fand er fast nur in der Nacht Zeit zum Schreiben seiner meist von autobiographischen Zügen geprägten Texte, in denen vieles wie auf der Briefmarke im Dunkeln bleibt. Die Bonner Ersttagsstempel enthalten ein Portrait nach der letzten bekannten Photographie Kafkas vom Herbst 1923, als er schon von seiner schweren Lungentuberkulose-Erkrankung gezeichnet war, während die Darstellung mit Hut auf dem Umschlag sich auf ein Photo von 1910 gründet. Rechts daneben sehen wir ein Labyrinth, in das es wie in „Das Schloss“ keinen Eingang, und wie in „Der Prozess“ keinen Ausweg gibt. So bleibt Kafka auch in dieser Darstellung „ein Mann, der sich selbst ein Rätsel war und der in ewiger Distanz zu seinen Mitmenschen lebte“, um Reiner Stach zu zitieren.- Kafkas Werke zählen heute unbestritten zur Weltliteratur. Kafka ist zudem der einzige Autor, dessen Name als Adjektiv Eingang in den „Duden“ fand: „kafkaesk“ definiert nämlich der „Duden“ als „auf unergründliche Weise bedrohlich“.

Die Freie Hansestadt Bremen besaß die eigene Posthoheit bis Ende 1867 und verausgabte daher zwischen 1855 und 1867 eigene Briefmarken, die im Michel-Katalog mit 15 Hauptnummern gelistet sind. Doch ab 1.1.1868 war es damit vorbei, denn nach dem innerdeutschen „Bruderkrieg“ von 1866 setzte Preußen die Gründung des Norddeutschen Bundes unter seiner Führung durch, die sich auch in den ab 1868 verausgabten Briefmarken des Norddeutschen Postbezirks niederschlug. Nur die süddeutschen Staaten Baden, Bayern und Württemberg verausgabten noch einige Jahre lang eigene Briefmarken, Bayern sogar bis 1920. Meist erhöhten sich im Laufe der Zeit die Portotarife, wie wir dies auch im 21. Jahrhundert von der Deutschen Post AG hinlänglich kennen. Portosenkungen gab es außer nach Währungsreformen hingegen fast nie, ausgenommen z.B. 1854 in Frankreich oder zum 1.1.1867 in Bremen. Betrug das Porto für einen Brief von bis zu 1 Loth Gewicht (= 16 2/3 g) zwischen Bremen und Bremerhaven bis 31.12.1866 noch 3 Grote, so sank es ab 1.1.1867 auf 2 Grote, wie der hier abgebildete Faltbrief belegt:

1867 Bremen
Unser Brief ist demgemäß mit der 2 Grote dunkelgelblichorange frankiert, die im März 1867 verausgabt wurde und zu den ersten gezähnten Briefmarken Bremens gehörte. Das Motiv bildet das Bremer Wappen mit dem Stadtschlüssel im Ornamentoval mit der Umschrift „STADT-POST-AMT BREMEN“ sowie der Wertangabe „ZWEI GROTE“. Die „Bremer Mark“ (= 3,32 Mark) war in 72 Grote unterteilt. Die farbfrische Marke weist geringfügige Mängel in Form leichter Zähnungsfehler und Bugspuren auf und ist mit dem zweizeiligen Rahmenstempel „BREMEN 23 11*4-5“ (= 23.11., 4-5 Uhr) exakt waagerecht entwertet. Obwohl sich auf der Briefhülle und in den Stempeln keine Jahreszahl findet, steht wegen des Ausgabetermins der Marke fest, dass der Brief im Jahre 1867 expediert wurde, und zwar nur gut 5 Wochen vor dem Ende der Bremer Posthoheit. Der Brief wird im „Bremer Archiv“ des Spezialisten und Prüfers Till Neumann unter Archiv-Nr. 10-82 geführt, wobei dort mit der 2 Grote (= Michel-Nr. 10) insgesamt 229 bis heute bekannt gewordene Briefe gelistet sind. Auch über den Absender verrät uns der Faltbrief nichts, doch zeigen ein Vergleich der Handschrift der Adressierung und der Name des Empfängers bei anderen Briefen mit Absenderstempel, dass der Absender die Bremer Firma „C.A.CAESAR & Co.“ war, deren Inhaber Clemens Albert Caesar (1790-1867) Weinhändler war, aber auch andere Produkte wie z.B. Aktivkohle-Wasserfilter vertrieb. Empfänger des Briefs mit dem rückseitigen Ankunftsstempel „BREMERHAVEN 23.11.“ waren die „Herren F.A.Schilling“ in Bremerhaven, die sich wie seinerzeit viele andere Bremer Betriebe mit der Tabakverarbeitung befassten, vornehmlich als Zigarrenmacher. - Der hübsche und gut erhaltene Brief belegt einerseits den seltenen Fall einer Portosenkung und wurde außerdem in den letzten Tagen der eigenständigen Bremer Postverwaltung befördert, somit „kurz vor Torschluss.“

Sonntag, 11 Februar 2024 11:40

Bremen 1866: „Schöne Konsul-Post“

Wer vom 2023 verstorbenen „schönen Konsul“ und Titelhändler Hans-Hermann Weyer (1938-2023) Post erhielt, der konnte sich meist über ein von ihm vermitteltes Honorarkonsulat oder eine von Weyer eingefädelte Adoption durch einen verarmten Adligen freuen, wofür sich der „schöne Konsul“ jeweils eine stattliche Provision zahlen ließ und nach eigenen Angaben 2019 ein Vermögen im Wert von 450 Mio EUR besaß. Ein auch sehr vermögender, aber wohl deutlich seriöserer Konsul und Geschäftsmann mit den gleichen Vornamensinitialen und dem phonetisch fast gleichen Nachnamen war Mitte des 19. Jahrhunderts Hermann Heinrich Meier (16.10.1809-17.11.1898), der zunächst in Bremen eine kaufmännische Ausbildung im väterlichen Geschäft „H.H.Meier & Co.“ genoss, bevor er es nach längerem Aufenthalt in den USA zum sehr erfolgreichen Kaufmann brachte, der sich schließlich an den Gründungen der Bremer Bank und Bremer Börse beteiligte und 1857 Mitbegründer des Norddeutschen Lloyds wurde. Zudem betätigte er sich seit 1849 in der Bremischen Bürgerschaft und war seit 1847 schwedisch-norwegischer Konsul.- Das Bremer Stammhaus „H.H.Meier & Co.“ führte eine umfangreiche Korrespondenz mit seinen Handelspartnern, zu denen auch die in Bremerhaven ansässige Spedition „P.H.Ulrichs & Co.“ zählte. Eine Faltbriefhülle aus dieser Korrespondenz aus dem Jahre 1866 möchten wir im Folgenden näher betrachten:

1866 Bremen
Bremen verausgabte als Freie Hansestadt mit seinen beiden Exklaven Vegesack und Bremerhaven zwischen 1855 und 1867 bis zur Gründung des Norddeutschen Postbezirks seine eigenen Briefmarken in der lokalen Währung des „Bremer Thalers“ (= 3,32 Mark) zu 72 „Grote“. Das nahezu taufrisch erhaltene Poststück ist demgemäß mit der bremischen 3 Grote schwarz auf blaugrau frankiert, die Anfang 1864 verausgabt wurde und als Vorstufe gezähnter Ausgaben „durchstochen“ ist und somit ohne Schere aus dem Markenbogen getrennt werden konnte. Die Frankatur zu 3 Gr entspricht dem bis Ende 1866 geltenden Tarif für Briefe mit einem Gewicht von bis zu 1 Loth (= 16 2/3 g) zwischen Bremen und Bremerhaven. Die sehr farbfrische und gut zentrierte Marke mit dem Wappenschild unter einer Krone ist bis auf einen leichten Briefbug tadellos erhalten und fast diagonal mit dem zweizeiligen Rahmenstempel „BREMEN 25 1*4-5“ (= 25.1.[1866], 4-5 Uhr) sauber entwertet, der zusätzlich links fast briefmittig glasklar abgeschlagen ist. Der ovale Absender-Firmenstempel „H.H.Meier & Co. BREMEN“ sowie die besonders schöne handschriftliche Adressierung im Zusammenspiel mit Marke und Poststempeln verleihen der Vorderseite eine fast makellose Schönheit. Auf der Rückseite des im „Bremer Archiv“ des Prüfers und Bremen-Spezialisten Till Neumann unter Archiv Nr. 6-63 registrierten Briefs (insgesamt sind nur 95 Briefe mit der Michel-Nr. 6 bekannt) befindet sich der Ankunftsstempel „BREMERHAVEN 25.1. [1866]“ sowie der handschriftliche Vermerk des Empfänger, wonach er die schöne Konsul-Post bereits am Folgetag beantwortete.- Hermann Heinrich Meier wurde übrigens 1960 eine besondere Ehrung zuteil, indem der Seenotkreuzer „H.H.Meier“ nach ihm benannt wurde.

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