Die Propheten Moses und Ezechiel/ Hesekiel haben uns -anders als der Apostel Paulus- bekanntlich keine „Briefe“ hinterlassen, dafür aber ganze „Bücher“, noch dazu solche von einzigartiger Bedeutung: Die 5 Bücher Mose bilden den Pentateuch (πεντάτευχος) und unter dem Begriff Tora das heiligste Buch im Judentum. Vom Propheten Ezechiel gibt es hingegen nur 1 Buch, welches die Zeit der babylonischen Gefangenschaft der Juden beschreibt und den Wiederaufbau des Tempels von Jerusalem und die Rückkehr Gottes prophezeit. Doch lebten Moses und Ezechiel mindestens um 700 Jahre zeitversetzt (13. und 6. Jahrhundert v. Chr.), konnten also keinen Brief gemeinsam empfangen. Ihre Namen, vornehmlich der des Moses, dem wir auch die zehn Gebote verdanken, waren und sind bis heute aber sehr beliebte jüdische Vornamen. Man denke z.B. an den Philosophen Moses Mendelssohn (1729- 1786) oder an Israels legendären Mosche Dajan (1915- 1981), Kriegsheld und langjähriger Verteidigungs - und später Außenminister. Doch finden sich Moses und Ezechiel vereint im Adressfeld eines badischen Briefs aus dem Jahre 1866, der hier Gegenstand unserer Betrachtungen sein soll:
Absender der blaugrauen Faltbriefhülle (der eingelegte Brief ist nicht mehr vorhanden) ist das Bankhaus „W.H. Ladenburger & Söhne“ aus Mannheim, das 1782 gegründet wurde. Der Empfänger war ebenfalls ein Bankhaus, nämlich die in Rotterdam ansässige Bank von „Moses Ezechiel & Söhne“. Der Brief ist mit der 6 Kreuzer preußischblau sowie der 18 Kr grün der Wappenausgabe von 1862 frankiert, die zusammen das seinerzeit vorgeschriebene Porto von 24 Kr für die doppelte Gewichtsstufe eines in die Niederlande gerichteten Briefes bilden. Beide Marken zeigen das badische Wappen mit den Greifen vor weißem Hintergrund und sind gut bis sehr gut gezähnt. Lediglich die 18 Kr weist oben in der Mitte leichte Zahnverkürzungen und Knitterungen auf, die auf die ursprüngliche Randklebung zurückzuführen sind, denn der Brief wurde erst in späterer Zeit von einem Sammler oben und rechts etwas „umgefaltet“, was nicht nur einer besseren Optik, sondern auch dem Schutz der hochwertigen 18 Kr grün diente. Man erkennt dies auch an den teils unvollständigen Abschlägen des Zweikreisstempels „Mannheim 19. Apr.“ (1866), der aber besonders schön und gut lesbar links und auf die 6 Kr übergehend abgeschlagen ist. Eine 18 Kr auf Brief gehört zu den Seltenheiten der klassischen Baden- Philatelie, noch dazu in Kombination mit der preußischblauen Farbvariante, die deutlich höher wertet als die ultramarine Version. Dank der rückseitig abgeschlagenen niederländischen Stempel, die anders als die badischen Stempel eine Jahreszahl enthielten (hier: 1866), wissen wir, dass unser „Moses & Ezechiel- Brief“ aufgrund hervorragender Zugverbindungen in nur 1 Tag am 20.4.1866 via Amsterdam in Rotterdam ankam. Heute würde die Briefbeförderung sicherlich länger dauern, weshalb Telefax oder eMails immer häufiger eine Briefkorrespondenz ersetzen. Aber mit der Schönheit dieses klassischen Belegs und seiner farbfrischen Marken können solche modernen Kommunikationsmittel nicht konkurrieren.