Sardinien 1852: „Schlossbesucher“

Deutschland gilt zwar mit über 25.000 Burgen als „Land der Burgen“, doch ist Frankreich mit über 43.000 Schlössern eindeutig das „Land der Schlösser“. Zu diesen zählen natürlich nicht nur die berühmten Königsschlösser von Versailles, Fontainebleau oder Chambord, sondern auch jeder als „Château“ zu bezeichnende einstige Landsitz eines Adligen. Zu den überregional eher unbekannten „Châteaux“ gehört das in der Region Bourgogne-Franche-Comté im Département Côte d‘Or nördlich von Aiserey gelegene Château de Rouvres, dessen Baubeginn ins 12. Jahrhundert zurückreicht. 1852 trafen dort drei „königliche Schlossbesucher“ ein, die allerdings nicht aus dem „Morgenland“, sondern aus dem Königreich Sardinien-Piemont stammten, gerne „Italiener“ geworden wären, aber später „Franzosen“ werden mussten und die wir hier vorstellen dürfen:

1852 Sardinien
Es handelt sich um eine Faltbriefhülle, die mit 3 Briefmarken des Königreichs Sardinien-Piemont („Regno di Sardegna“) frankiert ist,welche König Viktor Emanuel II. (14.3.1820-9.1.1878; reg. seit 1849) zeigen. Er residierte im Palazzo Reale der Landeshauptstadt Turin, herrschte aber bis 1860 auch über Savoyen, französischsprachiges Stammland seiner Dynastie, so dass auch der Thermalbadeort Aix-les-Bains damals zu seinem Königreich gehörte. Die ersten sardischen Briefmarken wurden am 1.1.1851 verausgabt und umfassten die 3 Werte zu 5 Centesimi schwarz, 20 C blau und 40 C rosa, wobei der Standardwert zu 20 C mit Abstand am häufigsten Verwendung fand. Auf unserem Brief sehen wir ein waagerechtes Paar der 5 C schwarz, jedoch in der besonders seltenen Farbvariante sepia-schwarz, die als No. 1 f im Sassone-Katalog mit dem rund 6fachen Wert der Standardfarbe bewertet wird und somit als Paar, zudem auf Brief eine besondere Rarität darstellt. Zur Linken des Paares und Ergänzung als 50 C- Auslandsfrankatur verklebte der Absender die 40 C rosa, von der nicht viele Brieffrankaturen erhalten blieben. Auch diese Marke zeigt eine Besonderheit: Der breite linke Rand umfasst links auch den fast vollständigen Zierrand der Nachbarmarke, die aber einer anderen Gruppe im Druckbogen angehörte und durch einen Zwischensteg („interspazio di gruppo“) getrennt war. Mit Ausnahme der mittleren Marke weisen die durch sog. stumme Rhombenstempel sauber entwerteten Briefmarken Schnittmängel auf, das Briefpapier zudem Beförderungsspuren und Randläsuren. Aufgabeort war Aix-les-Bains, wie dessen herrlich klarer Doppelkreisortsstempel vom 22.5.1852 dokumentiert. Über Lyon und Dijon (rückseitige Transitstempel vom 24.5.) gelangte der wunderschöne Brief am 25.5. nach Genlis (17 km südöstlich von Dijon) von wo er nur noch 9 km nach Westen bis Rouvres-en-Plaine und dessen Château zurückzulegen hatte. Wie lange unsere „Schlossbesucher“ aus Aix-les-Bains, die nach dem italienischen Einigungskrieg von 1859 im „Tausch“ von Savoyen und Nizza mit der Lombardei „Franzosen“ unter Kaiser Napoleon III. wurden, auf Schloss Rouvres verweilten, bevor sie in eine andere Sammlung gelangten, wissen wir nicht.

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