Die Eltern der berühmten Krankenschwester und Reformerin des Sanitätswesens
Florence Nightingale (12.5.1820-13.8.1910) verbrachten zweijährige Flitterwochen in Europa und dabei vornehmlich in Italien. Sie hatten den Spleen, ihre auf dieser Reise geborenen beiden Töchter nach deren jeweiligem Geburtsort zu benennen, so dass das älteste in Neapel geborene Kind Parthenope hieß, die jüngere in Florenz geborene Tochter Florence, die damit schon sprachlich zu einer „blühenden Nachtigall“ avancierte und sich in Deutschland zur Krankenschwester ausbilden ließ. Zwischen Oktober 1854 und Juli 1856, somit zur Zeit des Krimkriegs, hatte sie die Leitung über zahlreiche Schwestern und Pflegerinnen, die im britischen Militärhospital im türkischen Scutari, das heute zum Istanbuler Stadtteil Üsküdar gehört und nicht mit dem albanischen Skutari/Shkodra verwechselt werden darf, verwundete und erkrankte britische Soldaten versorgten. Mit umfassenden Hygienemaßnahmen und einer Reform des gesamten Versorgungswesens senkte sie deutlich die Sterblichkeitsrate in Scutaris Lazarett, das heute als Selimiye-Kaserne und Hauptquartier der türkischen 1. Armee noch existiert.- In die erste Zeit des Wirkens von Florence Nightingale in Scutari fällt auch das Eintreffens des hier abgebildeten Briefs von den Gestaden der Côte d‘Azur in dieses Hospital am Bosporus:
Der durch Beförderungsspuren verunreinigte und rückseitig beschädigte Briefumschlag ist mit 3 Briefmarken des Königreichs Sardinien-Piemont frankiert, die dessen 3. Freimarkenserie vom April 1854 entstammen und in farblosem Prägedruck gehalten sind. Sie wurden um ein weißes eiförmiges Mittelstück mit dem eingeprägten Portraitkopf von König Viktor Emanuel II. in unterschiedlichen Farben flächig bedruckt, wobei die Umschrift „Francobollo“ nebst Wertangabe in Zahlen und Worten nur unter der Lupe lesbar ist. Die 3 Werte zu 5 Centesimi grün, 20 C blau und 40 C braunrosa waren aber aufgrund der unterschiedlichen Farben leicht auseinanderzuhalten. Das Couvert ist mit einem Exemplar der 20 C blau sowie einem horizontalen Paar der 40 C braunrosa frankiert, wobei solche Paare auf Brief äußerst selten sind. Allerdings hatte der Absender bei der Adressierung zu wenig Platz für die Frankatur gelassen, so dass die Marken auf dem Postamt leider eine sog. Randklebung erfuhren, dementsprechend mit Bügen durch die Marken entlang der Couvertkante. Ein späterer Sammler hat den Umschlag aber aufgeklappt und die Büge etwas „ausgebügelt“, was die Optik, wie man sieht, erheblich verbessert. Die Marken sind mit dem Doppelkreisortsstempel von „Nizza Marittima“ vom 10.12.1854 entwertet. Nizza gehörte nämlich bis 1860 zu Sardinien-Piemont. Via Frankreich (roter Grenzübergangsstempel „Sar(daigne) 2, 11.Dec.54 Antibes“ und Pariser Transitstempel vom 13.12.) wurde das Poststück mit der Eisenbahn an den Bosporus befördert und traf dort gemäß rückseitigem Ankunftsstempel der „Armée d‘Orient“ am 25.12.1854 ein. Empfänger war aber nicht die „blühende Nachtigall“, sondern Lenox Prendergast (1830-1907), der als junger Kavallerieoffizier („Cornet“) bei den Royal Scots Greys diente und nach seiner Verwundung im Hospital von Scutari unter ihrer Leitung so gut gepflegt wurde, dass er 1881 sogar Mitglied des britischen Unterhauses war.