Sonntag, 11 April 2021 17:13

Sardinien 1852: „Schlossbesucher“

Deutschland gilt zwar mit über 25.000 Burgen als „Land der Burgen“, doch ist Frankreich mit über 43.000 Schlössern eindeutig das „Land der Schlösser“. Zu diesen zählen natürlich nicht nur die berühmten Königsschlösser von Versailles, Fontainebleau oder Chambord, sondern auch jeder als „Château“ zu bezeichnende einstige Landsitz eines Adligen. Zu den überregional eher unbekannten „Châteaux“ gehört das in der Region Bourgogne-Franche-Comté im Département Côte d‘Or nördlich von Aiserey gelegene Château de Rouvres, dessen Baubeginn ins 12. Jahrhundert zurückreicht. 1852 trafen dort drei „königliche Schlossbesucher“ ein, die allerdings nicht aus dem „Morgenland“, sondern aus dem Königreich Sardinien-Piemont stammten, gerne „Italiener“ geworden wären, aber später „Franzosen“ werden mussten und die wir hier vorstellen dürfen:

1852 Sardinien
Es handelt sich um eine Faltbriefhülle, die mit 3 Briefmarken des Königreichs Sardinien-Piemont („Regno di Sardegna“) frankiert ist,welche König Viktor Emanuel II. (14.3.1820-9.1.1878; reg. seit 1849) zeigen. Er residierte im Palazzo Reale der Landeshauptstadt Turin, herrschte aber bis 1860 auch über Savoyen, französischsprachiges Stammland seiner Dynastie, so dass auch der Thermalbadeort Aix-les-Bains damals zu seinem Königreich gehörte. Die ersten sardischen Briefmarken wurden am 1.1.1851 verausgabt und umfassten die 3 Werte zu 5 Centesimi schwarz, 20 C blau und 40 C rosa, wobei der Standardwert zu 20 C mit Abstand am häufigsten Verwendung fand. Auf unserem Brief sehen wir ein waagerechtes Paar der 5 C schwarz, jedoch in der besonders seltenen Farbvariante sepia-schwarz, die als No. 1 f im Sassone-Katalog mit dem rund 6fachen Wert der Standardfarbe bewertet wird und somit als Paar, zudem auf Brief eine besondere Rarität darstellt. Zur Linken des Paares und Ergänzung als 50 C- Auslandsfrankatur verklebte der Absender die 40 C rosa, von der nicht viele Brieffrankaturen erhalten blieben. Auch diese Marke zeigt eine Besonderheit: Der breite linke Rand umfasst links auch den fast vollständigen Zierrand der Nachbarmarke, die aber einer anderen Gruppe im Druckbogen angehörte und durch einen Zwischensteg („interspazio di gruppo“) getrennt war. Mit Ausnahme der mittleren Marke weisen die durch sog. stumme Rhombenstempel sauber entwerteten Briefmarken Schnittmängel auf, das Briefpapier zudem Beförderungsspuren und Randläsuren. Aufgabeort war Aix-les-Bains, wie dessen herrlich klarer Doppelkreisortsstempel vom 22.5.1852 dokumentiert. Über Lyon und Dijon (rückseitige Transitstempel vom 24.5.) gelangte der wunderschöne Brief am 25.5. nach Genlis (17 km südöstlich von Dijon) von wo er nur noch 9 km nach Westen bis Rouvres-en-Plaine und dessen Château zurückzulegen hatte. Wie lange unsere „Schlossbesucher“ aus Aix-les-Bains, die nach dem italienischen Einigungskrieg von 1859 im „Tausch“ von Savoyen und Nizza mit der Lombardei „Franzosen“ unter Kaiser Napoleon III. wurden, auf Schloss Rouvres verweilten, bevor sie in eine andere Sammlung gelangten, wissen wir nicht.

„looking lazy to the sea/ There‘s a Burma girl a-setting, and I know she thinks of me;/ For the wind is in the palm-trees, and the temple-bells they say:/ „Come you back, you British soldier, come you back to Mandalay!“ Mit diesen Versen beginnt das 1890 entstandene Gedicht „Mandalay“ (auch unter „Road to Mandalay“ bekannt) von Rudyard Kipling (1865-1936; Autor des „Dschungelbuchs“), das die britische Kolonialherrschaft über Burma glorifiziert, aber heute gerade in Burma/Myanmar u.a. wegen seiner herablassend/blasphemischen Bemerkung über eine Buddhafigur („Blooming idol made of mud“) nur ungern Erwähnung findet, während es hingegen noch mancher Schüler in Deutschland im Englisch-Unterricht Anfang der 60er Jahre auswendig lernen musste. Dabei kann man noch heute viele Dinge, die in Kiplings Gedicht angesprochen werden, in Burma/Myanmar antreffen, ob manch‘ altes Flussschiff („Where the old flotilla lay“), unzählige „Tempelglöckchen“ in jeder Pagode, tiefgläubige Buddhaverehrung im sog.  „Lieblingsland Buddhas“ und sogar gelegentlich eine eine Zigarre rauchende Burmesin („smoking of a whacking white cheroot“). Bereits im 1. Britisch-Burmesischen Krieg (1824-1826) eroberten die Briten die Küstenregionen, bevor auch das restliche Burma 1885 vollständig von Großbritannien unterworfen und Britisch-Indien angeschlossen wurde. Die Küstenstadt Moulmein, heute unter dem Namen Mawlamyaing mit 300.000 Einwohnern nach Rangoon/Yangon und Mandalay eine der größten Städte des Landes, fiel schon 1826 an die Briten. Die Zeit der britischen Herrschaft in Moulmein belegt postalisch der hier abgebildete Umschlag aus dem Jahre 1877:
6 1877 Burma                        

Das leicht gebräunte Couvert ist mit zwei Briefmarken von Britisch-Indien frankiert. Es handelt sich hierbei um die 1 Anna Braun sowie die 4 A grün, die beide den Portraitkopf der damaligen britischen Königin Victoria (24.5.1819-22.1.1901; reg. seit 1837) im Medaillon zeigen. Die legendäre Queen hatte auf Betreiben ihres Premierministers Benjamin Disraeli ein Jahr zuvor eine „Rangerhöhung erfahren, indem sie zur „Empress of India“ proklamiert wurde und damit in Europa wie der deutsche Kaiser Wilhelm I., der österreichische Kaiser Franz Joseph I. und Zar Alexander II. von Russland als par inter pares endlich ebenfalls einen Kaisertitel vorweisen konnte. Die Marken sind duplexmäßig mit einem „B 8“- Balkenstempel sowie dem Ortsstempel Moulmeins vom 24.7.(1877) ungewöhnlich klar entwertet. Das Poststück war in das spanische Cádiz gerichtet und nahm den Weg über Calcutta (rückseitiger Transitstempel vom 31.7.) und den Suez-Kanal zunächst zum britischen Stützpunkt Gibraltar, wo es am 29.8.1877 ankam und noch am gleichen Tag das nahe gelegene Cádiz erreichte. - Mandalay sah unser insgesamt sehr gut erhaltener Brief zwar nicht, aber so mancher dort stationierte britische Soldat folgte nach einem Heimaturlaub bis zur Unabhängigkeit Burmas Anfang 1948 dem Ruf der Tempelglöckchen: „Come you back, you British soldier, come you back to Mandalay!“

Sonntag, 13 September 2020 19:57

1872 „Innerindischer Handel“?

Als Christoph Kolumbus 1492 auf der Suche eines westlichen Seewegs nach Indien meinte, in der Karibik „fündig“ geworden zu sein, wähnte er sich in Indien, weshalb man seitdem diese Region „Westindien“ bzw. „The West Indies“ nennt. Dass er in Wahrheit den amerikanischen Kontinent neu entdeckt, und dieser nichts mit Indien zu tun hatte, sollte sich erst Jahre später erweisen. Der Begriff „Ostindien“ für den indischen Subkontinent kam als historische Bezeichnung und als Gegensatz zu „Westindien“ erst später auf, wurde aber durch die nach ihm benannten diversen Ostindischen Kompanien, vor allem der Niederlande und der Briten, bekannt. Ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts gewannen die Briten die Vorherrschaft über Indien, und ab 1858 wurde Britisch-Indien Kronkolonie. Bombay, Madras, Calcutta und später Delhi sollten die wichtigsten britischen Handels- und Verwaltungszentren werden, wobei Bombay erster Anlaufhafen für alle Schiffe von und nach Europa war, um so mehr, als der Suezkanal ab 1869 eine direkte Verbindung mit dem Mittelmeer ermöglichte. Knapp 3 Jahre später verließ der hier abgebildete Geschäftsbrief aus dem Jahre 1872 den Hafen von Bombay, um in die USA nach New York befördert zu werden:
5 1872 Indien             

Die sehr gut erhaltene Faltbriefhülle wirkt -von geringfügigen Beförderungsspuren und zwei senkrechten Registraturbügen abgesehen, von denen einer leider durch die am rechten Rand befindliche Marke verläuft- insgesamt sehr frisch, so dass man ihr das stolze Alter von rund 150 Jahren gar nicht ansehen würde, gäbe es nicht die zeitgenössische Frankatur und die Stempeldaten. Das Poststück ist mit drei farbfrischen Briefmarken der damaligen recht kleinformatigen Ausgaben der indischen Postverwaltung frankiert, die jeweils Queen Victoria zeigen: der 8 Annas rosakarmin sowie einem waagerechten Paar der 8 Pies lila (1 Rupie= 16 Annas; 1 Anna= 12 Pies). Die Marken sind ungewöhnlich schön mit dem Ortsstempel Bombays  vom 11.3.1872 in Fingerhutgröße abgestempelt, wobei die 8 A ideal zentrisch entwertet und der Ortsstempel zusätzlich links von ihr nochmals abgeschlagen wurde. Absender war gemäß rückseitigem ovalen violetten Firmenstempel die Handelsgesellschaft „Farnham & Co, Shipping & Commission Merchants, Bombay“, wobei daneben der ovale schwarze „Sea.Post.Office“-Stempel von Bombay vorhanden ist. Unser Brief wurde zunächst „via Brindisi“ nach London befördert (rotbrauner Transitstempel „London Paid“), bevor es dann quasi auf Kolumbus‘ Spuren auf einem britischen Dampfer über den „Großen Teich“ nach New York ging, wo er beim Empfänger = der Seifenfabrik „Robert Colgate & Co.“, deren deutsche Tochter später durch die „Colgate“-Zahnpasta berühmt wurde, gemäß vorderseitigem leuchtend orangeroten Ankunftsstempel am 15.4.1872 eintraf. So erreichte der aus dem Westen „Ostindiens“ stammende Brief das amerikanische Festland westlich von „Westindien“, so dass zwar nach geographischen Begriffen, aber eben nicht in der Realität ein „innerindischer Handel“ stattfand.

Der bekannte Großversicherer Zurich Insurance startete 2019 eine millionenschwere, freilich unfreiwillige „Werbekampagne“, denn als Insolvenzversicherer des pleite gegangenen Reiseveranstalters Thomas Cook und dessen ebenfalls insolventen Tochterunternehmen mußte „die Zurich“ bis zur Versicherungssumme von 110 Mio. EURO Deckung leisten, war aber dafür zumindest durch die umfangreiche Berichterstattung in den Medien „in aller Munde“. Die Wurzeln dieses erst vor wenigen Jahren im Namen anglisierten Versicherers gehen auf die in Köln 1844 gegründete Agrippina Versicherung und den 1872 von Gottfried Keller („Kleider machen Leute“) mitbegründeten Zürich Versicherungs- Verein zurück. Doch gab es in Zürich noch andere Versicherungen, scheinbar auch -aber der Schein trügt!- die „Allgemeine Spiegelglas- Versicherungs- Gesellschaft“, denn natürlich ging auch in der friedliebenden Schweiz so mancher Spiegel zu Bruch. An diese Versicherung scheint der hier abgebildete Brief aus dem Jahre 1868 gerichtet worden zu sein:
4 1868 Baden 

Der im badischen Mannheim aufgegebene Faltbrief ist mit zwei kehrdruckartig angeordneten Exemplaren der 1 Kreuzer tiefschwarz sowie einem senkrechten Paar der 6 Kr hellultramarin frankiert, die jeweils der Wappenausgabe von 1862 entstammen und das badische Wappen mit den beiden Greifen vor weißem Hintergrund zum Motiv haben. Die farbfrischen Marken bilden einen hübschen schwarz- blauen Farbkontrast und sind bis auf eine winzige Eckbugspur der unteren Marke des blauen Paares einwandfrei erhalten. Die Gesamtfrankatur von 14 Kr entspricht dem damals gültigen Tarif für einen Brief der 2. Gewichtsstufe in die Schweiz. Die Marken sind zwar nicht perfekt, sondern eher flüchtig abgestempelt worden, doch kann man besonders den rechts abgeschlagenen Doppelkreisortsstempel „Mannheim 9. Oct. 8-10 A“ (= 8-10 Uhr Abends) recht gut lesen. Als Adressat ist ein Herr Hörner in Zürich handschriftlich genannt, den man als Angehörigen der „Allgemeinen Spiegelglas- Versicherungs- Gesellschaft“ einordnen möchte, denn dieser Schriftzug ist zusätzlich als blaugrüner Langzeilenstempel mitten im Adressfeld aufgebracht. Doch der Schein trügt: Entfaltet man nämlich den Faltbrief, findet man bei der Unterschriftszeile im Brieftext den gleichen Stempel, lediglich mit dem Zusatz „Die Direction“. Demgemäß handelt es sich um keinen Fall einer „Zurich Insurance“, sondern ergo eher um einen solchen der „Hamburg Mannheimer“, die aber seit 2010 zur „ERGO Group“ gehört. Die in Mannheim ansässige Spiegelglas- Versicherung war nämlich der Absender, wie auch eine handschriftliche Empfängerangabe im Briefinneren verrät, der wir zugleich -in Ermangelung jeglicher Transit- und Ankunftsstempel- die Angabe des Ankunftsdatums vom 10.10. mit der Jahreszahlangabe „1868“ verdanken. Ob allerdings ein heute in eine Großstadt gerichteter Brief mit der bloßen Empfängerangabe „Herrn I.G.Hörner, Zürich“ beim Adressaten ankäme, wagen wir zu bezweifeln. Doch damals war scheinbar die Welt halt kleiner!

Die Propheten Moses und Ezechiel/ Hesekiel haben uns -anders als der Apostel Paulus- bekanntlich keine „Briefe“ hinterlassen, dafür aber ganze „Bücher“, noch dazu solche von einzigartiger Bedeutung: Die 5 Bücher Mose bilden den Pentateuch (πεντάτευχος) und unter dem Begriff Tora das heiligste Buch im Judentum. Vom Propheten Ezechiel gibt es hingegen nur 1 Buch, welches die Zeit der babylonischen Gefangenschaft der Juden beschreibt und den Wiederaufbau des Tempels von Jerusalem und die Rückkehr Gottes prophezeit. Doch lebten Moses und Ezechiel mindestens um 700 Jahre zeitversetzt (13. und 6. Jahrhundert v. Chr.), konnten also keinen Brief gemeinsam empfangen. Ihre Namen, vornehmlich der des Moses, dem wir auch die zehn Gebote verdanken, waren und sind bis heute aber sehr beliebte jüdische Vornamen. Man denke z.B. an den Philosophen Moses Mendelssohn (1729- 1786) oder an Israels legendären Mosche Dajan (1915- 1981), Kriegsheld und langjähriger Verteidigungs - und später Außenminister. Doch finden sich Moses und Ezechiel vereint im Adressfeld eines badischen Briefs aus dem Jahre 1866, der hier Gegenstand unserer Betrachtungen sein soll:

3 1866 Baden
Absender der blaugrauen Faltbriefhülle (der eingelegte Brief ist nicht mehr vorhanden) ist das Bankhaus „W.H. Ladenburger & Söhne“ aus Mannheim, das 1782 gegründet wurde. Der Empfänger war ebenfalls ein Bankhaus, nämlich die in Rotterdam ansässige Bank von „Moses Ezechiel & Söhne“. Der Brief ist mit der 6 Kreuzer preußischblau sowie der 18 Kr grün der Wappenausgabe von 1862 frankiert, die zusammen das seinerzeit vorgeschriebene Porto von 24 Kr für die doppelte Gewichtsstufe eines in die Niederlande gerichteten Briefes bilden. Beide Marken zeigen das badische Wappen mit den Greifen vor weißem Hintergrund und sind gut bis sehr gut gezähnt. Lediglich die 18 Kr weist oben in der Mitte leichte Zahnverkürzungen und Knitterungen auf, die auf die ursprüngliche Randklebung zurückzuführen sind, denn der Brief wurde erst in späterer Zeit von einem Sammler oben und rechts etwas „umgefaltet“, was nicht nur einer besseren Optik, sondern auch dem Schutz der hochwertigen 18 Kr grün diente. Man erkennt dies auch an den teils unvollständigen Abschlägen des Zweikreisstempels „Mannheim 19. Apr.“ (1866), der aber besonders schön und gut lesbar links und auf die 6 Kr übergehend abgeschlagen ist. Eine 18 Kr auf Brief gehört zu den Seltenheiten der klassischen Baden- Philatelie, noch dazu in Kombination mit der preußischblauen Farbvariante, die deutlich höher wertet als die ultramarine Version. Dank der rückseitig abgeschlagenen niederländischen Stempel, die anders als die badischen Stempel eine Jahreszahl enthielten (hier: 1866), wissen wir, dass unser „Moses & Ezechiel- Brief“ aufgrund hervorragender Zugverbindungen in nur 1 Tag am 20.4.1866 via Amsterdam in Rotterdam ankam. Heute würde die Briefbeförderung sicherlich länger dauern, weshalb Telefax oder eMails immer häufiger eine Briefkorrespondenz ersetzen. Aber mit der Schönheit dieses klassischen Belegs und seiner farbfrischen Marken können solche modernen Kommunikationsmittel nicht konkurrieren.

Im Jahre 1985 erschienen anläßlich des jeweils 300. Geburtstags der beiden großen Komponisten Johann Sebastian Bach (31.3.1685 - 28.7.1750) und Georg Friedrich Händel (23.2.1685 - 14.4.1759) in vielen Ländern Gedenkmarken, auch in den damals beiden deutschen Staaten, wobei wir hier die beiden seinerzeitigen Briefmarken der Bundesrepublik jeweils im Viererblock zeigen:

Unbenannte Anlage 00012
Beide großen Klassiker wurden dabei optisch gleichrangig mit dem jeweils bekanntesten von ihnen überlieferten Ölgemälde geehrt, wobei Händel sich mit der niedrigeren Gebührenstufe von 60 Pfennig für Postkarten begnügen mußte, Bach hingegen mit 80 Pfennig für das damalige Briefporto eine "Erhöhung" erfuhr. Die Händel- Marke zeigt den Jubilar nach dem von Thomas Hudson gemalten Portrait aus dem Jahre 1749 mit 64 Jahren. Elias Gottlieb Haußmanns Ölgemälde Bachs von 1748 auf der 80 Pf Marke zeigt den anderen Jubilar in fast gleichem Alter.
So sehr sich die Markengestaltungen und das Alter der beiden Komponisten auf den beiden Werten ähneln, so große Unterschiede gab es zwischen Bach und Händel, die sich übrigens nie persönlich begegneten: Der in Eisenach geborene Bach kam - abgesehen von Aufenthalten in Lüneburg und Hamburg und seiner weiten Reise zu Fuß 1705 nach Lübeck und seinem späteren Berlin- Besuch bei Friedrich dem Großen in Potsdam 1747 ("Musikalisches Opfer") - eigentlich nie aus seiner thüringisch- sächsischen Heimat bzw. aus Mitteldeutschland heraus, während der in Halle geborene Händel über Berlin und Hamburg ab 1706 eine vierjährige Studienreise nach Italien unternahm, um über Hannover für immer in England zu leben, somit als "Mann von Welt" galt. Bach war mit großer Familie so sparsam wie möglich und hinterließ ein sehr überschaubares Vermögen. Händel war freigebig, blieb Junggeselle und führte, obwohl er zwischendurch auch einmal fast pleite war, ein teils luxuriöses Leben und starb nach heutigen Maßstäben als Millionär. Und auch in ihren Werkgattungen waren beide im Barock verhafteten Klassiker sehr unterschiedlich: Händel komponierte 42 Opern, Bach nicht eine einzige. Aber unzählige Konzerte, Oratorien und sonstige Vokal- und Instrumentalkompositionen waren beiden Komponisten gemein. Und noch eine (traurige) Gemeinsamkeit der beiden: Beide erblindeten im Alter am Grauen Star und wurden erfolglos von dem englischen Okulisten (Starstecher) John Taylor operiert.
Die DDR ehrte Bach und Händel auf einem Markenblock zugleich mit Heinrich Schütz (1585 - 1672; 400. Geburtstag) mit motivgleichen, aber kleinformatigen, drucktechnisch nicht so gelungenen Blockmarken wie die zwei Marken der Deutschen Bundespost. Gleiche oder ähnliche Motive wählten zum gleichen Anlass 1985 z.B. Irland, Ungarn und Monaco.

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