Australien 1863: „Ein scharlachroter Sechser“
Einen „Sechser“ beim Würfeln oder gar beim Lotto, nicht hingegen als Schulzensur, wünscht sich wohl jeder, nicht nur Fahrer eines Audi A 6 oder der 6er-Reihe von BMW. Bei Briefmarken handelt es sich bei einem „Sechser“ entweder um einen Sechserblock oder einen Sechserstreifen, letzterer im Englischen -bar aller Erotik- „Strip of Six“ genannt. Solche großen Einheiten sind bei klassischen Briefmarken selten. Sie sind folglich von Sammlern sehr gesucht. Mit einem solchen „Strip of Six“ von Australiens britischer Kolonie New South Wales aus dem Jahre 1863 wollen wir uns im Folgenden befassen:
Der hellblaue, an den Rändern teils gebräunte Umschlag ist mit einem waagerechten Sechserstreifen der ab 1860 verausgabten 1 Penny scharlachrot in Zähnung „13“ frankiert. New South Wales, die einstige Sträflingskolonie, hatte bereits zum 1.1.1850 eigene Briefmarken verausgabt, die Ansichten seiner Hauptstadt Sydney zum Motiv hatten. Doch mit den Ausgaben ab 1851 rückte Königin Victoria (24.5.1819-22.1.1901; reg. seit 1837) auch auf den Marken von Neusüdwales „ins Bild“, so dass auch die Marken unseres Sechserstreifens den Kopf der Königin mit einem Diadem zeigen. Die Beschriftung beschränkt sich mit „NEW SOUTH WALES“, „POSTAGE“ und „ONE PENNY“ auf die „Essentialia“ einer Marke, also Herkunftsbezeichnung, Kennzeichnung als Postwertzeichen und Angabe des Frankaturwerts. Das entrichtete Porto lag somit bei 6 Pence, also einem halben Shilling. Dieses hätte auch mit einer einzigen Briefmarke zu 6 P, also ebenfalls mit einem „Sechser“ entrichtet werden können, doch ist der „scharlachrote Sechser“ eine regelrechte Augenweide für den Betrachter. Die Marken sind mit dem Nummernstempel „245“ entwertet, der zum Städtchen Hay gehört, das heute rund 2200 Einwohner zählt. Am Nordufer des Murrumbidgee River und einer wichtigen Furt der dortigen Viehtriebsroute zum Südufer gelegen, hatten schon die Gebrüder Lang als Pächter die Bedeutung dieser Lage erkannt, weshalb der Ort zunächst „Lang‘s Crossing“ hieß, bevor er Anfang 1861, mittlerweile auch eine Anlegestelle für Dampfschiffe, in „Hay“ umbenannt wurde. Immerhin bekamen dessen knapp 200 Seelen 1859 ein eigenes Postamt, auf dem dann unser Brief am 6.8.1863 eingeliefert wurde, wie der rückseitige Ortsstempel „HAY, N[EW] S[OUTH] W[ALES]“ belegt. Absender war George Clement Boase (1829-1897), ein aus Cornwall stammender Buchhändler und Antiquar. Das Poststück war an einen Empfänger in Melbournes Collins Street gerichtet, noch heute eine Hauptstraße dieser australischen Metropole. Unser Brief nahm seinen ca. 420 km langen Weg direkt nach Süden über Deniliquin (7.8.) und Moama (ebenfalls 7.8.) und traf am 10.8.1863 nach insgesamt 4 Tagen in Melbourne ein. - Nach 10 Jahren in Australien als Hauslehrer und Zeitungskorrespondent bekam George Clement Boase offenbar Heimweh, denn er kehrte bereits 1864 nach London zurück, wo er fortan die Firma Whitehead & Co. leitete. In Australien hatte er wohl nur philatelistisch einen „Sechser“ gefunden.
Australien 1856: „Victoria for ever?“
Lange Zeit war es kaum vorstellbar, dass ein britischer Monarch länger als die legendäre Queen Victoria (24.5.1819-22.1.1901; reg. seit 1837) regieren würde, denn Victoria prägte mit über 63 Regierungsjahren ein Zeitalter. Doch gelang es ihrer Ururenkelin Elizabeth II. (21.4.1926-8.9.2022; reg. seit 1952), mit über 70 Regierungsjahren im Februar 2022 noch ihr „Platinum Jubilee“ zu begehen und im Juni zu feiern, womit sie in Großbritannien einen neuen Rekord an Thronjahren aufstellte. Zwar bleibt die Erinnerung an Queen Victoria fortbestehen, wofür weltweit auch unzählige Denkmäler und Benennungen von Orten, Seen und Gebäuden etc. sorgen. Doch hat es im Zuge des immer stärkeren Nationalbewusstseins der ehemaligen Kolonialvölker schon diverse Umbenennungen gegeben. So wurde z.B.Bombays/Mumbais berühmter Bahnhof Victoria Terminus 1996 in Chhatrapati Shivaji Terminus umbenannt, und auch für Afrikas Victoriasee wurden bereits Alternativnamen gesucht. Doch im Südosten Australiens ist „Victoria“ mit seiner Hauptstadt Melbourne immer noch der Name eines Bundesstaats, dessen Vorläufer, die gleichnamige britische Kolonie, sich 1851 von New South Wales abgespalten hatte. Wir präsentieren hier eine Faltbriefhülle von 1856, somit aus den Anfangsjahren der Kolonie „Victoria“:
Schon ab 3.1.1850 verausgabte Victoria „Victoria-Briefmarken“ mit entsprechender Herkunftsangabe, somit früher als alle Staaten des Deutschen Bundes, Bayern ausgenommen. Die erste Freimarkenserie zeigte eine madonnenhafte Queen Victoria in Halbfigur („Half Lengths“) auf dem St. Edwards-Krönungsstuhl sitzend. Doch bereits 1852 ging man bei Victorias Darstellung zur Ganzfigur („Full Lengths“) über, wobei auch hier Victoria auf dem Krönungsstuhl sitzt, aber die Reichsinsignien deutlich sichtbarer in ihren Händen hält. Zudem besitzt diese Ausgabe Hochformat und läßt die Queen auch durch eine helle Robe und eine aufgehellte Stuhllehne noch majestätischer erstrahlen. Da die neue Markenserie die Vorgängerausgaben von 1850 ablöste, sind Mischfrankaturen beider Ausgaben ziemlich selten und daher von den Sammlern gesucht, so wie obiger Brief, der die 3 Pence blau (links) der Ausgabe von 1850 mit der 1 Penny grün der späteren Ausgabe (rechts) vereint. Beide Marken sind enorm farbfrisch und weisen im Schnitt gute bis breite Ränder auf. Sie sind durch einen gemeinsamen Barrenstempel entwertet, offensichtlich in Ballarat, einer Stadt 120 km westnordwestlich von Melbourne gelegen, denn rückseitig ist der ovale Ortsstempel Ballarats vom 28.10.1856 abgeschlagen. Empfänger war der Generallandvermesser in Melbourne, wo der Brief gemäß rückseitigem Ankunftsstempel schon 1 Tag später eintraf.- Egal, ob der Bundesstaat Victoria auch in Zukunft seinen Namen behalten wird, jedenfalls auf unserem Brief mit den beiden im doppelten Wortsinn „Victoria-Marken“ bleibt Queen Victoria eine „Victoria for ever“.
Kuba 1894: „La Habanera“…
…ist zum einen ein deutscher Film aus dem Jahre 1937, in dem Zarah Leander das titelgebende Habanera-Lied „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ singt. Weit berühmter ist jedoch die „Habanera“ aus Bizets Oper „Carmen“, nämlich die Arie „L‘amour est un oiseau rebelle“ („Die Liebe ist ein wilder Vogel“). Beiden Liedern liegt ein Tanz afrokubanischen Ursprungs im 2/4 Takt zugrunde, der mit dem Tango verwandt ist und aus Kubas Hauptstadt Havanna stammt. Kolumbus hatte die Insel 1492 für Spanien in Besitz genommen, die ab dem 16. Jahrhundert zum Vizekönigreich Neu-Spanien gehörte. Kuba wurde im 19. Jahrhundert nach der Unabhängigkeit vieler Länder in Süd- und Mittelamerika Spaniens wichtigste verbliebene Kolonie. Havanna (La Habana), bereits 1519 gegründet, war seit 1617 Gouverneurssitz. Die Altstadt (La Habana Vieja) gehört seit 1982 zum UNESCO-Weltkulturerbe und stellt mit ihrem morbiden Charme in Verbindung mit amerikanischen Straßenkreuzern aus den 50er Jahren trotz immensen Sanierungsbedarfs wohl die touristische Hauptattraktion Kubas dar. Das heute nicht mehr existierende, in den 1980er Jahren wegen Baufälligkeit abgerissene „Hotel Pasaje“ wurde 1876 als erstes Grandhotel Havannas eröffnet, wobei seine passagenartige überdachte Arkadenseite namensgebend wurde.- 1894 sandte ein Gast des „Grand Hotel Pasaje“ das hier abgebildete Poststück in die Niederlande:
Der cremefarbene Umschlag ist mit der 10 Centavos lilabraun der Freimarkenserie von 1890 frankiert, die den damaligen spanischen König Alfons XIII. (1886-1941) als Kleinkind zeigt, denn er kam wenige Monate nach dem Tod seines Vaters Alfons XII. und damit gleich als König auf die Welt. Kuba hatte ab 1873 eigene Briefmarken, die das Design der Ausgaben des spanischen Mutterlandes übernahmen, aber an der Herkunftsangabe leicht zu erkennen sind, hier: „ISLA DE CUBA“. Die Einzelfrankatur ist ungewöhnlich sauber mit dem Doppelortskreisstempel „CORREOS HABANA“ vom „24.OCT.1894“ entwertet und damit eine echte „Habanera“. Unter dem Namen des Hotels sehen wir auf der linken Umschlaghälfte einen sehr schönen aufgedruckten Stich mit der prachtvollen Hauptfassade dieses damaligen Nobelhotels. Der Geschäftsbrief war an „Señor Don J.A. Koopmans“ nach „Gen[d]t [bei] Nymegen [= Nimwegen/Nijmegen], Holanda“ gerichtet, wo er via Paris (vorderseitige Transitstempel vom 9.11.1894) am 10.11.1894 ankam. Der Absender hatte dafür die Schiffspassagen „Via Tampa (Florida) y New York“ oben rechts vorgegeben.- Doch war es mit Spaniens karibischem Inselglück schon wenige Jahre nach der Beförderung dieses Briefes vorbei: Nachdem im Hafen von Havanna das US-Linienschiff „Maine“ im Februar 1898 in die Luft geflogen war, kam es zum Krieg mit den USA. In der für Kubas Schicksal entscheidenden Seeschlacht vor Santiago am 3.7.1898 hatten die völlig veralteten spanischen Panzerkreuzer keine Chance gegen die US-Marine. Kuba ging für Spanien verloren und wurde -jedoch weitgehend von den USA bis 1959 kontrolliert- selbständig.
Philippinen 1892: „Kurz vor Kriegsausbruch“
An Philadelphias Delaware-Ufer liegt das Museumsschiff „USS Olympia“, ein Kreuzer, der einst das Flaggschiff von Commodore George Dewey im Gefecht bei Manila am 1.5.1898 war. Spanien hatte im Streit um Kuba am 23.4.1898 den USA den Krieg erklärt. Daraufhin dampfte Deweys Ostasien-Geschwader von Hongkong zur Bucht von Manila, um das dort liegende spanische Geschwader zu vernichten. Zu Beginn des Gefechts gab Dewey dem Kommandanten der „Olympia“ Gridley den legendär gewordenen Befehl: „You may fire when you are ready, Gridley.“ Gridley und seine Geschütze waren „ready“ und nach rund 2 Stunden waren die veralteten spanischen Schiffe vernichtet. Damit endete die über 300jährige dortige spanische Kolonialherrschaft. Magellan hatte 1519 das Archipel entdeckt, das 1542 den Namen „Las Islas Filipinas“ nach dem Thronfolger und späteren König Philipp II. erhielt. Der gesamte Archipel zählt 7641 Inseln, von denen knapp 1000 bewohnt sind. Die beiden mit Abstand größten Inseln stellen Luzon mit der Hauptstadt Manila sowie Mindanao dar, doch liegt Panay mit ca. 12.000 qkm schon an 6. Stelle. An dessen Südküste liegt Iloilo, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz mit heute rund 450.000 Einwohnern, im Jahre 1600 unter dem Namen „La Punta“ gegründet. Die Stadt entwickelte sich im 19. Jahrhundert zum zweitwichtigsten Hafen der Philippinen und zur reichsten Stadt des Landes mit vielen internationalen Handelsniederlassungen. Vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund ist das hier abgebildete Couvert zu sehen, das im Jahre 1892 von Iloilo nach Hamburg befördert wurde:
Der Umschlag mit vorgedrucktem Adressfeld ist mit der 8 Centavos ultramarin frankiert, die zur am 1.1.1892 verausgabten Freimarkenserie gehört und den seinerzeitigen spanischen König Alfons XIII. (1886-1941) noch im Kleinkindalter darstellt. Sein Vater König Alfons XII. war einige Monate vor der Geburt gestorben, doch war der „nasciturus“ erbberechtigt und kam somit als König zur Welt, stand aber bis 1902 unter Regentschaft seiner Mutter. Die Philippinen hatten schon seit 1854 eigene Briefmarken, deren Erscheinungsbild den Marken des spanischen Mutterlandes bis auf Farbe, Wertangabe und Herkunftsbezeichnung entsprach. Demgemäß lautet der Text der Kopfzeile unserer Marke „FILIPINAS“. Sie ist sauber mit dem blauen Ortsstempel „COMMUNICACIONES ILOILO“ vom 18.10.1892 entwertet. Empfänger waren die „Herren Otto Gierth & Co., Raboisen 103, Hamburg, Alemania“, eine 1890 gegründete Firma für Import und Export, die später ihren Sitz an den heutigen Ballindamm verlegte. Der Brief nahm seinen Weg via Manila (rückseitiger Transitstempel vom 22.10.1892) und vermutlich über Hongkong nach Hamburg, wo er am 2.12.1892 eintraf.- Nicht einmal 5,5 Jahre später läutete Dewey auf seiner „Olympia“ durch den Seesieg bei Manila das Ende des spanischen Kolonialreichs ein. Die Philippinen fielen an die USA, womit die spanischen Kolonialmarken nach einer kurzen Übergangszeit ihre Frankaturkraft verloren.
Mexiko 1861 II: „1 Kiste Silber für London“
Das Portrait des mexikanischen Nationalhelden Miguel Hidalgo (8.5.1773-30.7.1811), der mit vollem Namen Miguel Gregorio Antonio Ignacio Hidalgo y Costilla y Gallaga Mondarte Villaseñor hieß, war auf Mexikos ersten Briefmarken ab 1856 das beherrschende Motiv. Mit Hidalgo als geistigem Vater der Unabhängigkeit Mexikos konnte sich die Republik offenbar wesentlich besser identifizieren als mit ihren diversen nur kurz amtierenden Präsidenten, die sich nach der letzten Amtszeit des langjährigen Präsidenten Santa Anna (1794-1876) ab 1855 in schneller Folge bis zum Amtsantritt von Benito Juárez (1806-1872) quasi die Klinke des Palacio Nacional der Hauptstadt in die Hand drückten oder gerade dies verhindern wollten. Die erste Freimarkenserie von 1856 bestand aus den 5 Werten zu 1/2 Real blau, 1 R gelb, 2 Reales grün, 4 R rot und 8 R lila, wobei die Auflagenzahlen der beiden Höchstwerte deutlich geringer war, weil diese Werte seltener benötigt wurden, denn das Briefporto für einen Standardbrief lag bei 2 Reales. Mit einem Brief, der mit einer Marke dieser Erstausgaben frankiert ist, wollen wir uns hier befassen:
Der hellblaue, leichte Beförderungs- und Gebrauchsspuren aufweisende Faltbrief ist mit einem um 90 Grad gedreht aufgeklebten Exemplar der 4 R rot frankiert. Die allseits gleichmäßig breitrandig geschnittene Marke zeigt das Brustbild Hidalgos, der hier nicht in seinem Beruf als Priester, sondern im Frack eines Gelehrten oder gar Staatsmanns, der er jedoch zu Lebzeiten nicht war, dargestellt ist. Der rechts senkrecht aufgebrachte Bezirksaufdruck lautet „VERACRUZ“. Passend dazu ist der Ortsstempel der wichtigen Hafenstadt Veracruz vom „ABRIL 5“ [1861] zentrisch abgeschlagen, jedoch so schwach, dass Hidalgos Portrait kaum verdeckt wird. Damit stammt die Frankatur aus dem letzten Monat der Gültigkeitsdauer dieser Marke, denn schon 13 Tage später erschien am 18.4.1861 eine neue Freimarkenserie, zwar mit dem gleichen Portrait Hidalgos, aber in geänderten Farbtönen. Absender des in deutscher Sprache verfassten Faltbriefs war „L. Höltzner“ aus Veracruz, Empfänger die „Señores Jorge Berkenbusch & Co.“ in Puebla. Offenbar war dem Absender an einer besonders schnellen Zustellung seines Briefs gelegen, denn er verfügte am oberen linken Briefrand „p(er) Express“, also Eilboten-Zustellung, wofür er 4 statt 2 Reales und damit das doppelte Porto berappen musste. Das am 3.4.1861 verfasste Schreiben befasst sich mit „1 Kiste Silber wie von Ihnen erhalten und baar [sic!] fl (= Gulden) 8.500.-“, deren erfolgten Verschiffung „per englischem Steamer“ nach London und den dadurch angefallenen zusätzlich vom Empfänger zu entrichtenden „Exportzoll, Verschiffungskosten und Commission“ mit insgesamt 327,71 Gulden, alles „mit freundschaftlichen Grüßen“ in Rechnung gestellt. Aufgrund eines handschriftlichen Empfängervermerks wissen wir, dass die Expresspost schon 2 Tage nach Abstempelung der Marke am 7.4.1861 in Puebla ankam. Derweil befanden sich die „1 Kiste Silber“ samt Barschaft auf dem Seeweg nach London.
Mexiko 1861 I: „Hidalgo, daheim und allerorten“
Miguel Hidalgo (8.5.1753-30.7.1811) genießt in Mexiko noch heute den Status eines „Nationalhelden“, gilt er doch als Symbolfigur des Aufstands gegen die spanische Kolonialherrschaft und damit als geistiger Vater der -von ihm nicht mehr erlebten- Unabhängigkeit Mexikos, die Spanien 1821 anerkennen musste. Hidalgo studierte die Freien Künste, Philosophie sowie Theologie und wurde 1778 zum Priester geweiht. Der zuletzt in Dolores wirkende Pfarrer Hidalgo schloss sich einem Geheimbund an, läutete am Morgen des 16.9.1810 die Glocken seiner Kirche und rief mit diesem verabredeten Zeichen zur Revolution gegen Spanien auf. Er kommandierte persönlich Truppen der Aufständischen, die jedoch Anfang 1811 besiegt wurden. Hidalgo selbst wurde noch im gleichen Jahr gefangengenommen und hingerichtet. Trotz seines persönlichen Scheiterns hatte er den Grundstein im Unabhängigkeitskampf gelegt, der 10 Jahre später dem Land die ersehnte Unabhängigkeit brachte. Mexiko ehrt seinen großen Sohn in vielerlei Hinsicht: So ist nicht nur mit „Hidalgo“ ein zentraler Bundesstaat nach ihm benannt, sondern auch seine einstige Wirkungsstätte Dolores, denn die Stadt heißt offiziell „Dolores Hidalgo“. Selbst der Ort des Friedensvertrags nach dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg von 1846-1848, der Mexiko fast die Hälfte seines Staatsgebiets zu Gunsten der USA kostete, hieß „Guadelupe Hidalgo“, heute ein Stadtteil von Mexico City.- „Hidalgos“ nennt man aber auch Mexikos erste Briefmarken, die von 1856 bis 1878 -mit Ausnahme der Ausgaben unter Kaiser Maximilian (1864-1867) - erschienen und sämtlich Hidalgos Konterfei zeigten. Einen Viererblock der 1. Ausgabenserie von 1856 dürfen wir im Folgenden vorstellen:
Die erste Freimarkenserie Mexikos bestand aus den 5 Werten zu 1/2 Real, 1 R, 2 Reales, 4 R und 8 R. Wir sehen hier einen hervorragend erhaltenen enorm farbfrischen Viererblock der 1/2 Real blau auf einem kleinen Fragment, der paarweise mit zwei auf das Fragment oben und unten übergehenden Ortsstempeln Guadalajaras vom 24.2.1861 entwertet ist. Im von vielen Ornamenten umrahmten Oval der Markenmitte befindet sich auf dunkelblauem Grund Hidalgos Brustbild, wobei Mexikos Held hier keine Soutane, sondern Frack und damit bürgerliche Kleidung trägt, wie es sich eines „Edelmanns“ („Hidalgo“= „Edelmann“) geziemt. Die Beschriftung besteht aus Herkunfts- und Wertangabe „CORREOS MEJICO“ [sic!] bzw. „MEDIO REAL“. Per senkrechtem Handstempelaufdruck wurde für die Postämter der jeweilige Bezirksname auf den Marken angebracht, wie die schwarzen senkrechten Aufdrucke an den rechten Rändern (hier: „GUADALAJARA“) belegen. Der Block ist oben links an der Randornamentik im Schnitt leicht berührt, sonst allseits breitrandig geschnitten und weist einen leichten waagerechten Registraturbug durch die unteren Marken auf. Die Marken bilden als bildhübsches Ensemble das Porto von 2 R für einen Standardbrief, wobei ein Block wesentlich seltener als ein Viererstreifen ist. Da die Marken mit unterschiedlichen Bezirksaufdrucken und Ortsstempeln landesweit zum Einsatz gelangten, war „Hidalgo“ in Mexiko „daheim und allerorten“.